Warum Lob Sie misstrauisch machen sollte

Wir haben uns in unserem letzten Blog mit dem Thema des Konzepts der extrinsischen und intrinsischen Motivation beschäftigt. Und wir halten noch einmal deutlich fest: Wir teilen Steven Reiss‘ Auffassung, dass ein Mensch nicht extrinsisch motivierbar ist - was nicht bedeutet, dass er nicht auf externe Anreize reagiert. Wir sind der Überzeugung, dass es nur intrinsische Motive gibt und demnach intrinsische Reaktionen auf externe Anreize (Belohnungen oder Bestrafungen).

· 9 Min Lesezeit

„Intrinsische Motive (Lebensmotive) haben zwei Eigenschaften: Was gewünscht wird, ist das Universelle in der menschlichen Motivation. Wie viel allerdings davon gewünscht wird, ist das Spezifische der menschlichen Motivation. Wir alle wollen die gleichen Dinge, aber nicht im gleichen Ausmaß. Jeder Mensch hat die gleichen 16 Lebensmotive, aber wir priorisieren sie unterschiedlich. Wie ein Individuum die 16 Lebensmotive priorisiert, offenbart dessen Persönlichkeitsmerkmale und Grundwerte.“
Steven Reiss

Natürlich gibt es zahlreiche Studien, die uns zeigen, dass Menschen auf Belohnungen – wie z.B. Incentives – reagieren. Aber es gibt genauso viele Studien, die aufzeigen, dass Menschen darauf nur in besonderer Form und auf begrenzte Weise reagieren. Dazu werden wir uns in einem der nächsten Blogs noch einmal vertiefen.

Die fatalen Auswirkungen von Lob:

Wenn wir in unsere Unternehmen blicken, dann können wir eines erkennen: Manche Führungskräfte halten gerne an Motivationstheorien fest, die ihnen die Möglichkeit geben, sich nicht allzu sehr anstrengen zu müssen und gleichermaßen eine – zumindest – vorübergehende Wirkung erzeugen.

Das Geschäft mit dem Loben ist so ein Thema. Boshafterweise könnten wir resümieren, dass Menschen, die über wenig ausreichende Social Skills verfügen – wie auf andere Menschen zuzugehen und diese zu verstehen – eben auf verführerisch einfache Werkzeuge setzen. Noch schlimmer ist übrigens diese Thematik an unseren Schulen. Wenn sie mit Lehrenden sprechen und sie danach befragen, welches Lernkonzept sie bei Ihren Schüler*innen bevorzugen, werden Sie kaum auf erhellende Antworten stoßen. Denn die Schule kennt kaum etwas anderes als das Geschäft mit dem Belohnen (Sternchen, Noten, Lob) und Bestrafen (Bloßstellen vor der Klasse, Hervorheben schlechter Noten, Zuweisung der Verantwortung für schlechten Lernerfolg an die Schüler*innen).

Schon Sigmund Freud sagte: „Gegen Angriffe kann man sich wehren, gegen Lob ist man machtlos.

Und dieses Zitat zeigt uns deutlich, wie Lob üblicherweise serviert wird. Lob hebt das soziale Gefälle einer Beziehung hervor, die häufig eine hierarchisch verlaufende ist – zwischen der Person, die Lob spendet und jener, die Lob empfängt. Lob wird also meist von oben nach unten serviert. Und damit wird auch der manipulative Charakter deutlich, der in Lob steckt. Meist süß serviert, hat dieses dann einen bitteren Nachgeschmack. Willst du mehr davon, musst du so sein, wie ich dich will, musst du dich so verhalten, wie es mir gefällt. Und dieses „Jemandem-gefallen-wollen“ wird zu einer weit verbreiteten Seuche, wenn dann Kinder um die Anerkennung erwachsener oder auch gleichaltriger Bezugspersonen buhlen. Lob ist nichts anderes als eine Form von: „Tu dies, dann bekommst du das“. Und welches Kind kann sich aussuchen, ob es die Anerkennung anderer benötigt.

Und damit sind wir beim zweiten Grundübel: Lob und der Wunsch nach mehr Lob befördern Heerscharen von jungen und nicht mehr ganz so jungen Menschen in eine Form der Abhängigkeit danach. Um die Anerkennung dieser Person zu erhalten, muss ich tun, was ihr gefällt. Schnell sind wir dann in einer gefährlichen Spirale, an der viele Menschen auch als Erwachsene leiden – dem Wunsch, es (geschätzten, geliebten) Menschen recht zu machen. Wir tun, was andere sich von uns wünschen. Nicht selten endet dieses anstrengende Verhalten allerdings in einem fatalen Burnout. Wenn wir es als erwachsene Menschen nicht schaffen, unseren Vorgesetzten gegenüber „Nein“ zu sagen, unseren Partner*innen verhehlen, dass wir auch eigene, nicht ausgelebte Wünsche haben und unsere Kinder in dem Glauben, sie behüten zu müssen, über die Maßen servicieren.

Das Lebensmotiv Anerkennung

Sie ahnen es vielleicht schon – das Lebensmotiv Anerkennung öffnet für all die beschriebenen Bestechungsversuche Tür und Tor. Und nicht selten kommen wir in die Situation, mit ausgebildeten Reiss Motivation Profile® Mastern über die Konsequenzen eines stark ausgeprägten Motivs Anerkennung zu diskutieren. Nämlich immer dann, wenn der Ratschlag gegeben wird, nur ja die Person, die viel Bestätigung benötigt, nicht zu kritisieren, nur ja nicht allzu ehrlich mit den schwierigen Themen dieser Person umzugehen, um nur ja keinen (weiteren) Schaden anzurichten. Nicht noch weiter Salz in die Wunden der bereits geplagten Person zu streuen, der wir anmerken, wie leicht sie sich kränkt.

Doch dieser Ratschlag ist nur eine andere Variante des mitunter schon zu lange genossenen Gifts des Lobs bzw. des Entzugs von Lob (wenn wir auf die bestrafende Seite blicken).

Nein, das ist nicht die Lösung für Menschen mit einem gering ausgeprägten Lebensmotiv Anerkennung.

Lassen Sie uns noch einmal einen Blick auf das Motiv der stark ausgeprägten Anerkennung werfen. Es ist jenes Motiv, das Menschen dazu motiviert, jede Form der sozialen Kritik und Zurückweisung zu vermeiden. Die Ausprägung des Motivs Anerkennung lässt also Rückschlüsse auf unser Selbstverständnis und unsere Selbstachtung zu.

Steven Reiss schreibt in seinem Buch: „Who am I“
„Wir alle möchten so, wie wir sind, akzeptiert werden. Das ist auch das größte Geschenk, das Eltern ihren Kindern machen können, weil es das ist, wessen Kinder am meisten bedürfen. Kinder, die sich anerkannt fühlen, entwickeln ein grundlegendes Gefühl der Selbstsicherheit und einen Selbstwert, wohingegen Kinder, die zurückgewiesen werden, kaum Selbstsicherheit aufbauen können, geschweige denn Selbstwert. Eltern, die ihren Kindern nicht Anerkennung entgegenbringen, tragen demnach die Verantwortung dafür, wenn ihr Kind während des Heranwachsens und vielleicht noch darüber hinaus ernsthafte psychologische Anpassungsstörungen aufweisen. Aber auch die Anerkennung der Gleichaltrigen und der sozialen Gemeinschaft, in der ein Kind aufwächst, spielt eine Rolle dabei, wie gesund sich ein Kind entwickeln wird.“

Anerkennung ist also etwas, das wir alle, wenn auch in unterschiedlichem Ausmaß, benötigen, um uns gut zu entwickeln. Anerkennung ist deutlich von (billigem) Lob zu unterscheiden.

Was ist dann die Lösung?

Die Lösung ist einfach, aber nicht einfach durchführbar….

Einfach, weil es dazu keine Alternative gibt und wenn wir Ihnen die Alternative vorstellen, werden sie vielleicht denken: „Das ist aber jetzt auch nicht ganz neu“ – nein, ist es nicht.

Nicht einfach durchführbar, weil es ihnen in der Praxis mitunter schwerfallen wird, ihre erprobten Lobeshymnen wegzulassen, wenn es gerade wieder einmal einfach wäre, einen abhängigen Menschen mit einem simplen Lob dazu zu bringen, zu tun, was sie von ihm möchten. Und natürlich muss – im Sinne der Individualität des Menschen - hervorgehoben werden: jeder Mensch reagiert unterschiedlich auf Lob.

Aber, werden Sie entgegnen, ist es nicht besser zu loben als zu bestrafen und ist es nicht ohnedies schon großartig, wenn ich aufs Bestrafen verzichte – vor allem in der Kindererziehung?

Doch, das ist natürlich besser. Aber es ist trotzdem nicht der richtige Weg.

Zwei Lösungswege:

Was also ist dann der richtige Weg, um Menschen, insbesondere jene, mit einem stark ausgeprägten Lebensmotiv Anerkennung zu begleiten? Wir schlagen Ihnen zwei Lösungen vor:

1. Es gibt keine Alternative zu einer echten Beziehung, in der wir uns bedingungslos auf die andere Person einlassen. Und in einer echten Beziehung fragen wir uns immer: Warum tut eine Person, was sie tut, anstatt zu überlegen, wie bringe ich sie dazu zu tun, was ich möchte.

Heißt das jetzt, dass wir stolzes Lächeln bei Schulaufführungen und Ausdruck der Begeisterung im Umgang mit unseren Kindern zurückhalten sollen: Nein, bitte bleiben Sie begeisterte und herzliche Eltern. Aber knüpfen Sie bitte Leistungserwartung nicht an die Anerkennung, die sie von Ihnen als Eltern erhalten. Positive Aufmerksamkeit sollten Kinder auch erhalten, wenn sie Ihnen nicht versuchen zu gefallen. Oder wenn sie sich schwertun, ruhig zu sitzen, nicht mit den Geschwistern zu streiten oder Mathematik zu verstehen. Also ganz im Gegenteil – in einer echten Beziehung gibt es immer Begeisterung füreinander, nur ist diese nicht an eine bestimmte Leistung bzw. ein bestimmtes Verhalten gebunden, um dies noch einmal deutlich hervorzuheben.

2. Ehrliches Feedback: Marshall Rosenberg, der Begründer der gewaltfreien Kommunikation, pflegte in seinen Ausbildungen immer wieder hervorzuheben: „Es gibt zwei Geschenke, die wir einander machen können: Einander zu verstehen und Aufrichtigkeit in der Beziehung.

Feedback bedeutet in diesem Zusammenhang, nicht eine Bewertung zu der Person abzugeben, sondern Information über die zu diskutierende Thematik anzubieten. Das gilt auch für positives Feedback. Anstatt zu sagen: „Wow, du bist aber ein tüchtiges Mädchen“, zu offenbaren, was sie exakt an der gezeigten Thematik beobachtet haben und wie diese Beobachtung auf sie wirkt. Im Fall eines kritischen Feedbacks geht es in die Richtung, miteinander an Lösungen zu arbeiten, wie die Person die Situation verbessern kann und wie Sie sie dabei möglicherweise noch besser unterstützen können.

Alfi Kohn (eine unbedingte Leseempfehlung) beschreibt in seinem Buch Punished by Rewards folgende Feedbackkriterien, die diese vom Loben unterscheiden:

  1. Lobe nicht Menschen, sondern das, was sie tun
  2. Lobe so spezifisch wie möglich
  3. Vermeide künstliches Lob
  4. Vermeide Lob, das einen Vergleich beinhaltet

Zum Abschluss möchten wir noch eine bereichernde Erfahrung mit Ihnen teilen. In einem Coaching mit Lars, einer jungen Führungskraft, die ein stark ausgeprägtes Anerkennungsmotiv aufweist, haben wir ein brisantes Problem erörtert. Im Zuge dessen haben wir im Coaching ein Reiss Motivation Profile® durchgeführt und uns auf die Suche nach Ressourcen begeben, wie Lars sein Problem angehen könnte. Dabei stießen wir auf eine wichtige Person in seinem Leben, einen Sporttrainer, den er als unsicherer Jugendlicher im Laufe seiner Leistungssportkarriere kennengelernt hatte. Eine Person, mit der er eine vertrauensvolle Beziehung hatte, die nie davor zurückschreckte, Lars unbequeme Wahrheiten zu übermitteln, der seinen Trainer als stets wertschätzend, unterstützend, aber auch ehrlich und kritisch wahrnahm. Mit einem klaren Blick, einer ehrlichen Meinung, einem immer zur Verfügung stehenden Unterstützungsangebot und einer aufrichtigen Zuneigung für ihn. Für Lars einer der wichtigsten Menschen, die seinen Weg geformt haben, von dem er aufrichtiges Feedback gerne annahm. Ein echter Mensch.

In diesem Sinn bleiben sie bitte vorsichtig: Hüten sie sich im Besonderen vor Menschen, die ihnen schmeicheln.

Mehr zum Reiss Motivation Profile® und den einzelnen Lebensmotiven finden Sie auf unserem Youtube Kanal.



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